Der Leopard schleicht leise um das Zelt.

Neugierig betrachtet er dieses ungewöhnliche Gebilde im Mondschein und schnuppert vorsichtig daran.

Es riecht komisch. Der Geruch interessiert ihn, aber macht ihm auch Angst.

Es riecht nach Mensch.

Die Landebahn des Modisa Wildlife Projects

Morgengrauen über der Kalahari

Es ist morgens, kurz nach 6 und die Sonne kitzelt meine Nase und blendet mich als ich die Augen aufmache.

Um mein Zelt herum sind Stimmen zu hören. Aufgeregt reden sie durcheinander und laufen quer durch das Camp und bleiben vor meinem Zelt stehen.

Als ich den Kopf raus strecke, um zu sehen was los ist, empfängt mich gleich sogleich ein fröhlicher Ruf:

Guten Morgen Carina! Du hattest heute Nacht Besuch! Ein Leopard ist an deinem Zelt vorbei gelaufen!

Ein Leopard? Direkt vor meinem Zelt? Nur etwa einen halben Meter von mir entfernt?

Keine Seltenheit mitten im afrikanischen Busch!

Die Löwen des Modisa Wildlife Projects

Nicht nur Leoparden, auch Löwen gibt es beim Modisa Wildlife Project

Im Modisa Wildlife Project – meinem Zuhause in der Kalahari von Botswana

Für meine Bachelorarbeit ging es 2013 runter nach Botswana, ein Land im südlichen Afrika, von dem viele meiner Freunde noch nie etwas gehört hatten.

Botswana liegt im Landesinneren direkt nördlich von Südafrika und ist eines der politisch stabilsten Länder des afrikanischen Kontinents.

Und mit der Kalahari, den Makgadikgadi-Salzpfannen und dem Okavango Delta weist Botswana eine der größten und intaktesten Wildtierbestände auf, die in Afrika noch zu finden sind.

Direkt am Rand des Central Kalahari Game Reserves (CKGR), einem Schutzgebiet von etwa der Größe Dänemarks, befindet sich das Modisa Wildlife Project.

Dieses Projekt, das Freiwilligen aus der ganzen Welt die Möglichkeit bietet die afrikanische Tierwelt hautnah zu erleben, soll durch wissenschaftliche Untersuchungen und die Arbeit der Freiwilligen zum Schutz der gefährdeten Arten beitragen.

Das Ziel der beiden Gründer, Mikkel und Valentin, ist es die 10.000 Hektar Land des Projekts zu einem Reservat für Wildtiere mit nachhaltigem und schonendem Safari-Tourismus umzubauen.

Die Game Farm des Modisa Wildlife Project

Bald soll aus der Game Farm ein richtiges Reservat werden

Für die Bachelorarbeit runter nach Afrika

Ich hatte das große Glück, dass ich die Daten für meine Bachelorarbeit beim Modisa Wildlife Project erheben durfte. Wen es interessiert: Ich habe untersucht, wie sich verschiedenen Beweidungsformen (natürliche Beweidung und Beweidung mit Rindern) auf die Artenvielfalt von Pflanzen auswirken.

Diese Untersuchungen konnte ich bei Modisa machen, denn hier gab es alle Beweidungsformen relativ nah beieinander.

Und so hieß es für mich jeden Morgen: raus aus dem Zelt und hinein ins Feld! Pflanzen bestimmen, zählen und vergleichen.

Am nächsten Tag die gleiche Prozedur.

Feldarbeit beim Modisa Wildlife Project

Datenaufnahme im Feld

 

Aber die Zeit in Modisa war viel mehr als das.

Es war mein Zuhause im afrikanischen Busch!

Das Camp von Modisa liegt mitten in einem 10.000 Hektar großen Gebiet, wo es außer wilden Tieren kaum Menschen gibt. Neben den Angestellten einer kleinen Lodge und einem kleinen Dorf der Buschleute lebt dort einfach niemand.

Die nächste Stadt (Ghanzi), die auch mehr einer etwas größeren Häuseransammlung entspricht, ist mehr als 2 Stunden entfernt und nur einmal die Woche fahren Valentin und seine Angestellten in die Stadt um Essen und andere Notwendigkeiten zu besorgen.

Die Abzweigung der Straße zum Modisa Wildlife Project

Hier geht’s rein, zum Modisa Wildlife Project

Ansonsten liegt das Camp wirklich mitten in der Wildnis.

Der Strom wird über Solarpanele gewonnen, das Wasser kommt aus einer unterirdischen Quelle und außer ein paar Zelten und zwei ausgebauten Containern stehen keine Gebäude im Camp.

Nachts habe ich aus der Ferne die Löwen brüllen gehört, einen Leoparden vor meinem Zelt gehabt und die Zebras aus nächster Nähe wiehern gehört.

Und obwohl wir mit Wasser aus einer Tonne duschen, unsere Wäsche aufwendig mit der Hand waschen und beim Aufbau des Camps helfen mussten, nur sporadisch Internetzugang hatten und in einem kleinen Zelt nur mit einer Matratze gelebt haben, war diese Zeit…

Das Camp des Modisa Wildlife Projects

Mein Zelt war noch etwas kleiner (hinter den großen weißen versteckt)

…eine der aufregendsten und schönsten Zeiten in meinem Leben

Nie war ich der Natur näher gewesen, nie konnte ich die afrikanische Tierwelt so authentisch erleben und nie war mein Leben so unbeschwert und einfach gewesen.

Und einfach bedeutet in diesem Fall reduziert. Reduziert auf das Wesentliche.

Mein Smartphone war fast durchgehend ausgeschaltet (der Akku hatte eh nach 2 Tagen Hitze kapituliert), an den Computer ging ich etwa einmal die Woche um eine „Ich-lebe-noch“-Mail zu schreiben und außer den paar Klamotten die ich mitgebracht hatte, brauchte ich auch nichts.

Der Mittelpunkt des Camps vom Modisa Wildlife Project

Heute steht noch ein weiterer Container an dieser Stelle, damals war es recht einfach gehalten

Ich war glücklich in der Natur!

Und so geht es nicht nur mir, sondern immer wieder höre ich von meinen Freunden von Modisa wie sehr auch sie diesen Ort vermissen.

Es ist ein Ort der Freundschaft, der neuen Erlebnisse und des Abenteuers in der afrikanischen Savanne.

Ein Anspruch der beiden Gründer Mikkel und Valentin ist es nämlich auch, dass die Freiwilligen etwas über das einzigartige Ökosystem der Kalahari und ihre Bewohner lernen.

Und so gab es neben den Game Drives (typische Safari-Touren mit dem Auto) auch Lektionen über Botswana, über das Management von Wildtieren, über die Erkennung der Spuren (Tracking) der Tiere, Geier fangen und markieren und über vieles mehr.

Bush Walk beim Modisa Wildlife Project

„Welches Tier hat hier hingemacht?“ Das lernt man bei einem Bush Walk

Doch da hört es noch nicht auf!

Den Freiwilligen wird einiges an Programm geboten:

Bush Walks, also geführte Touren zu Fuß durch den Busch, Reiten, Sleep Outs im Busch (also Übernachten unter freiem Himmel), Sonnenuntergang bei den Löwen und natürlich das Highlight jeder Woche in Modisa:

Der Braai (südafrikanisch für BBQ) am Samstagabend mit Lagerfeuer, Musik und einfach netten Gesprächen.

Braai und Lagerfeuer beim Modisa Wildlife Project

Samstag gibt’s original afrikanisches Braai

Ein weiteres Highlight hab ich allerdings noch gar nicht erwähnt:

Die Löwin Sirga, Familienmitglied von Modisa

Sirga die Löwin vom Modisa Wildlife Project

Gestatten? Sirga, die Löwin von Modisa

Ganz am Anfang als Mikkel und Valentin das Modisa Wildlife Project gegründet haben, fanden sie ein 10 Tage altes Löwenbaby, das von seinem Rudel verstoßen wurde.

Seine beiden Geschwister waren bereits verhungert und nur noch Sirga, die kleine Löwin, hatte überlebt.

Die mehrfachen Versuche das Löwenbaby wieder in seine Familie einzugliedern missglückten und kurz bevor auch Sirga nicht überlebt hätte, nahmen Valentin und Mikkel sie auf und zogen sie von Hand groß.

Sirga und Valentin vom Modisa Wildlife Project

Ziehpapa Valentin und Sirga beim Spielen

Seitdem ist Sirga fester Teil des Modisa-Teams.

Als ich dort war, wurde Sirga gerade ein Jahr alt und war zwar noch ein Löwen-Kind bzw. fast Teenager, denn mit 80 Kilo war sie sogar schon schwerer als ich!

Mittlerweile ist sie drei Jahre alte und eine richtig große, stolze Löwin geworden, die sogar schon alleine jagen kann. Wer aktuelle Bilder von ihr sehen will, kann ja mal auf die Facebook Seite von Modisa gucken.

Sirga, die Löwin des Modisa Wildlife Project

Mittlerweile ist aus dem Löwenkind eine stolze, erwachsene Löwin geworden. Spazieren gehen die beiden trotzdem noch zusammen.

Die Löwen vom Modisa Wildlife Project

Sirga stammt übrigens aus einem Rudel, das auf der benachbarten Rinderfarm gefangen wurde und nun auf dem Gebiet von Modisa in großen Gehegen lebt.

Bei diesen Löwen handelt es sich um Problemtiere, die in das Farmland eingedrungen sind und dort die Rinder gerissen haben. Weil die Bauern dadurch ehrbliche Verluste haben, werden die Tiere meist leider einfach von den Farmern erschossen. (Das ist in Botswana leider erlaubt.)

Doch der Besitzer der Rinderfarm neben Modisa entschied sich dagegen und ließ einige Tiere am Leben und brachte sie in ein großes Freigehege.

Die stolzen Löwenmännchen des Modisa Wildlife Projects

Stolze Männchen im Rudel des Modisa Wildlife Projects

Neben den Löwen gibt es auch ein Rudel Wildhunde

Diese hochgefährdeten Tiere, von denen es schätzungsweise nicht einmal mehr 5.000 Individuen gibt, wurden ebenfalls auf der Farm gefangen und leben nun neben den Löwen in einem großen Gehege.

Wildhunde  fand ich schon immer sehr faszinierend und besonders, denn sie zeigen ein außergewöhnliches Sozialverhalten:

Das ganze Rudel kümmert sich um die Aufzucht der Jungen und kranke und alte Tiere werden von den anderen gepflegt und nicht verstoßen.

Afrikanische Wildhunde beim Modisa Wildlife Project

Selten und sehr besonders: der Afrikanische Wildhund

Da die Tiere in den Gehegen natürlich nicht jagen können, müssen sie zwei Mal in der Woche gefüttert werden. Auch das ist Aufgabe der Freiwilligen.

Also werden zwei Mal in der Woche Esel geschlachtet. Das ist nicht schön anzusehen, ab es ist notwendig, denn Fleischfresser wie Löwen oder Wildhunde benötigen ja auch Essen.

Und das ist nun mal Fleisch.

Eigentlich sollte meiner Meinung nach sowieso jeder der Fleisch isst, sich klar machen, dass dafür ein Tier sterben musste. Und das wird bei einer Schlachtung auf jeden Fall deutlich. Aber dazu hier nicht mehr…

Die Löwen beim Modisa Wildlife Project bekommen Futter

Fütterungszeit bei den Löwen

Die zwei Monate vergingen wie im Flug…

Nachdem ich alle benötigten Daten erhoben hatte, wurde es für mich Zeit langsam zurück nach Maun zu gehen, um die Daten weiter auszuwerten und um noch ein bisschen in das Okavango Delta zu reisen.

Doch der Abschied fiel mir nicht leicht:

Wie sehr würde ich diese einzigartige Natur, die Nähe zu den wilden afrikanischen Tieren, die Freundschaften zu den anderen Freiwilligen und diesen einfachen Lebensstil vermissen.

Modisa war ein unglaubliches Abenteuer und eine einzigartige Erfahrung. Keinen einzigen Moment dieser besonderen Zeit in der Kalahari von Botswana möchte ich missen.

Ich hoffe nächstes Jahr, wenn ich (hoffentlich) meine Masterarbeit in Namibia schreibe, kann ich zurückkehren.

Ein Oryx beim Game Drive beim Modisa Wildlife Project

Unvergleichliche Momente in der Natur…

Zurück in mein Zuhause in der Kalahari von Botswana

Aus der Ferne hört der Leopard einen Schakal leise heulen.

Er betrachtet noch einmal kurz dieses merkwürdige Objekt, das hier mitten im Busch steht und so merkwürdig nach Mensch riecht.

Dann zieht er weiter und verschwindet im hohen Gras der Savanne.

Von Weitem erklingt das Brüllen der Löwen. Sie werden immer lauter, denn bald geht die Sonne auf.

Die Löwen des Modisa Wildlife Project bei Sonnenaufgang

Sonnenaufgang über dem Modisa Wildlife Project

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12 Responses

  1. Ania

    Ich liebe diese Bilder. Und den Text dazu.
    Ich liebe Löwen. Habe mir das Projekt direkt abgespeichert, danke für den Artikel!!

    Antworten
    • Carina

      Freut mich sehr, dass dir der Artikel gefällt 🙂
      Und das Projekt ist auch wirklich sehr unterstützungswert, die beiden Jungs wollen da wirklich was verändern!
      Liebe Grüße

      Antworten
  2. Jambotessy

    Hallo Carina, wir reisen jetzt seit über 30 Jahren im Urlaub in Afrika umher (immer mit Auto und jetzt als Luxus mit Dachzelt) Fast niemand von unseren Freunden versteht uns, alle versuchen uns in Lodges od. Gästefarmen zu schicken, denn wir wurden im laufe der Zeit ja nicht jünger. Doch auf keiner noch so teuren Lodge ist man Afrika so nah, wie im Zelt und am eigenen Lagerfeuer, mitten in der Wildnis und zwischen all den Tieren rundherum. Wer einmal erlebt hat, wie es sich anhört, wenn der Löwe direkt neben dem Zelt brüllt oder der Leopard nebenan hechelt, der ist für immer der „Wildnis“ verfallen. Deshalb glaube ich, dass auch du immer wieder nach Afrika zurückfahren wirst und dein Herz – wie schon viele andere – dort verloren hast. Ich wünsche dir viel Erfolg für deine Masterarbeit und weiterhin viel Spaß am Leben in der „Wildnis“.

    Jambotessy

    Antworten
    • Carina

      Hallo Jambotessy,
      wow, das hört sich aber auch toll an! Schon so lange seid ihr in Afrika unterwegs? Aber wenn einen einmal der „African Bug“ gebissen hat, wird man ihn so schnell nicht mehr los, nicht wahr? 😉

      Ich hoffe, ich kann auch noch ganz oft nach Afrika reisen und im Busch die wilden Tiere hautnah erleben. Es ist einfach so ein unvergleichliches Gefühl!

      Danke für den lieben Kommentar und euch noch ganz viele tolle und aufregende Reisen nach Afrika!
      Liebe Grüße

      Antworten
    • Frank (myrio)

      Ja, Tessy wie wahr, auch uns geht es ja ebenso wie euch!
      Infiziert mit dem Virus namibiense!
      In 23 Tagen starten wir nun endlich unsere 4 Wochen- Tour durch von WHK Kaokoveld, Caprivi, Mudumu, Chobe, Nxai, Makgadikgadi, CKGR zurück nach WHK.
      HG Frank

      Antworten
  3. Lea Konen

    Hallo liebe Carina!!

    Ich träume eigentlich schon so so lange davon in so einem Projekt arbeiten zu können. Ich bin jetzt fertig mit der Schule & wollte arbeiten um genug Geld dafür zu haben. das ist meine größte Angst, dass ich das alles ’nur‘ aus finanziellen Gründen nicht erleben kann.
    Mir ist das so unangenehm, aber kannst du mir sagen wo & mit wie viel Ausgaben ich rechnen müsste? Wie das mit Bezahlung von Unterkunft und Nahrung aussieht..
    Für mich ist das überhaupt kein Problem währen der Zeit kein Geld zu verdienen, nur hab ich eben Angst, dass mein Erspartes im Endeffekt nicht reicht..

    Ich hoffe ganz doll, dass du das hier liest & zeit hast mir zu antworten

    Viele liebe Grüße
    Von Lea

    Antworten
  4. Frank Minkner

    Hallo Karina,
    danke für diesen Einblick in die traumhafte Einsamkeit der Kalahari!
    Auch wir durchqueren genau wie Tessy seit Jahren per Jeep als
    Selbstfahrer.die Wildnis von Namibia-Botswana und genießen die
    einmalige Freiheit und Unabhängigkeit des 4×4-Reisens in Afrika.
    Wir wünschen uns , dass uns dieses Paradies noch recht lange erhalten bleibt.
    HG Frank und Inka

    Antworten
  5. Kerstin

    Was für ein schöner Artikel! Und sooo tolle Fotos! Bin ganz hin und weg und will jetzt sofort nach Afrika!

    Kann sehr gut nachvollziehen wie Du Deinen Aufenthalt im Camp in Erinnerung hast. Oft sind es doch gerade die Zeiten, in denen man in einer Art Blase weit weg von allem lebt, die einem als die besten Zeiten in Erinnerungen bleiben. Bei mir war dies mein 4-monatiger Aufenthalt in Lappland. Kaum Freizeit, jede Menge Arbeit, Temperaturen von bis zu -35 Grad. Aber dafür ein tolles Team, das zu einer Art Familien zusammenwuchs und wunderschöne Landschaft so weit das Auge reicht. Drück Dir die Daumen, dass Du eines Tages in „Dein“ Camp zurückkehrst!

    Liebe Grüße,
    Kerstin

    Antworten

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